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Individual Report



Georg Speicher aus Püttlingen/Saarland

Die Familie Speicher war eine weitverzweigte Familie in Krasna. Sie gehörte zu den Gründern der Kolonie 1814. Ihr eindeutig nachweisbarer Ahnherr in Krasna ist Georg Speicher.

Herkunft der Familie Speicher

Georg Speicher ist ein Sohn von Jakob und Anna Maria Speicher in Püttlingen/Saar, geboren am 29.03.1767.

Seine Vorfahren:

Die Sippe der Speicher ist eine sehr alte Familie in Püttlingen1. Vermutlich ist ihr Ahnherr Johanne von Spicher, geboren am 1. Januar 1480 - Völklingen, verstorben am 1. Januar 1520 - Püttlingen, verheiratet im Jahre 1499 mit Katharina Kessler 1487 - 1503. Johanne VON SPICHER war geschworener Notar des Chorbischofs von Saarburg in der Kirche von Metz.

Ein Abkömmling von Spichers war SPEICHER Philipp * um 1510.

Die älteste Püttlinger Bezeugung der Speicher findet sich in einer Abgabenliste zur früheren "Bächer Herrlichkeit". Die Liste wurde im Jahre 1563 nach Angaben des Meyers "Heintz von Derlen" erstellt. Nach ihr hatte in der Zeit davor, neben fünf anderen Leuten aus Püttlingen, auch der Speicher Philips" von dort für sein Gut auf Wölfringer Bann" nach Derlen einen Quarten Frucht und vier Albus Geldschaft" zu entrichten. Diese Erwähnung ist die einzige, die man vom Ahnherrn der Speicher aus Püttlingen findet. Er muss kurz darauf gestorben sein, denn in diesen Jahren begannen in Püttlingen eine Reihe schwerer Streitigkeiten zwischen den Bewohnern und ihrer Herrschaft, deren Akten mehrmals sämtliche Einwohner nennen. Dabei fällt auf, dass unter den Beteiligten des ersten Streites, bei dem die Bevölkerung wegen vorher nie verlangter Frondienste noch nicht restlos rebellierte, der Name Speicher überhaupt nicht auftritt.

Speicherabkömmlinge wandern nach Galizien aus

Die Region des heutigen Saarlandes war bis zum Ende des 17. Jahrhunderts schweren Belastungen ausgesetzt. Der Dreißigjährige Krieg wütete an der Saar besonders stark. Es folgten die Reunionskriege zwischen 1667 und 1697.

Im 18. Jahrhundert waren die schweren Schäden und Verluste des Dreißigjährigen Krieges und der Reunionskriege noch nicht behoben. Fronarbeit und Steuerlast wurden zusätzlich durch drohende kriegerische Verwicklungen ständig erhöht. Den kleinen Leuten blieb kaum etwas zum Leben übrig.

Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Landschaften an der Saar (Lothringen, Kurtrier) zu den klassischen Auswanderungsgebieten nach Südosteuropa gehörten.

Mehrere Speicherabkömmlinge sind nach Galizien ausgewandert, um der Not zu entfliehen.

Galizien gehörte zu Polen und kam ab 1772 schrittweise an Österreich. Das Land bemühte sich um die Ansiedlung von Kolonisten in seinem neu erworbenen Gebiet.

West- und Ostgalizien In der Region Zamosc lebten die Speicher-Auswanderer

In der Region Zamosc lebten die Speicher-Auswanderer.

Die Werber des Kaisers konzentrierten ihre Bemühungen besonders auf die Pfalz und das Saarland, denn dies war eine Gegend in Deutschland, die durch häufige Kriege mit dem Nachbarn Frankreich besonders verarmt war.

Etwa zwei Drittel der Kolonisten kamen aus der Pfalz und dem heutigen Saarland, dies vor allem 1784/85. Ansiedler aus anderen Teilen Deutschlands bildeten in der neuen Heimat eine Minderheit.

Aus Püttlingen wanderten 17842 zwei Speicher-Familien nach Galizien3 aus,

Sie wurden im Raum Zamosc als Privatansiedler angesiedelt. Dort hatte die Regierung erreicht, dass Großgrundbesitzer Kolonisten Land zur Verfügung stellten4. Das tat auch Graf Zamoyski in Zamosc. Jeder Ansiedler erhielt rund 12 ha Land, ein Haus, Stall und Scheune.

Als Privatansiedler in Sitaniec sind im Ansiedlervertrag des Grafen Zamoyski genannt:

Johann Speicher wird eindeutig in Püttlingen nachgewiesen. Auf Nikolaus trifft dies nicht zu. In saarländischen Dokumenten (Kirchenbücher etc.) konnte kein "passender" Nikolaus Speicher ermittelt werden. Im Püttlinger Familienbuch wurde er nicht gefunden.

Möglicherweise stammte er aus einem anderen Ort aus der Umgebung von Püttlingen; der Name Speicher kommt in dieser Gegend sehr häufig vor. Ggf. ist er unerlaubt ausgewandert.

Johann Georg Speicher * 29.03.1767, ein Bruder des 1784 ausgewanderten Johannes Speicher, ist ebenfalls nach Galizien gegangen, aber er gehört nicht zur Gruppe der Privatansiedler, die im Vertrag von 1785 genannt sind.

Er ist wohl erst 1788/89 dorthin gezogen, aber ohne Erlaubnis; er ist nicht in der Transportliste in Wien eingetragen (s. Wilhelm/Kallbrunner).

Werner Hacker schreibt auf S. 692 in Auswanderungen aus Rheinpfalz Saarland im 18. Jahrhundert, Konrad Theiss Verlag Stuttgart: "Speicher, Georg, Püttlingen, verkauft um 200 fl sein Erbteil. Emigration abgelehnt. (Trotzdem emigriert, denn) die 200 fl werden vom Oberamt Winnweiler requiriert bei Nassau-Saarbrücken, da der Emigrant in Zamosc nur Abzug zu entrichten habe (1788)."

Der Vertrag von Georg Speicher mit seinen Brüdern Nikolaus und Valentin über den Verkauf seines Vermögens in Püttlingen liegt uns vor.

Er hat zumindest zeitweise in Sitaniec gelebt, denn er findet sich mehrfach im dortigen Kirchenbuch (s. unten).

Es ist gut möglich, dass er mit Valentin Löb nach Polen ging, denn dieser war 1788 aus Sitaniec als Taufpate in Püttlingen und ist wieder nach Polen zurückgegangen: "Valentin Löb, der aus Püttlingen stammt, und in Polen in der Umgebung von Schidanitz (Sitaniec) wohnt", war am 12. 02. 1788 Taufpate bei Valentin Balzert.

Möglicherweise hat er sich von seinem Vermögen (s. oben) privat einen Hof gekauft hat. Dafür spricht folgende Aussage von Jacek Klaudel, dessen Vorfahren zusammen mit Dirk, Söhn, Speicher, Paul usw. ausgewandert sind und der im Archiv von Lublin recherchiert hat: "Jan Tressler kehrte nach dem Abbrennen seines Hauses in sein Heimatland zurück und sein Landbesitz wurde Grzegorz Speicher übergeben, der Bankrott ging und es an Jan Thor verkaufte."

Georg Speichers Familie erscheint wiederholt im Kirchenbuch von Sitaniec:

Weiterwanderung nach Krasna

Der Raum Zamosc wurde 1809 dem von Napoleon gegründeten Herzogtum Warschau zugeschlagen.

Als die Russen 1813 nach Polen kamen, befanden sich dort viele deutsche Siedler in einer ver-zweifelten Situation. Dies traf auch auf die Kolonisten im Raum Zamosc zu. Diese Siedler hatten sehr unruhige/schwierige Zeiten durchgemacht:

Aus dieser Situation ergaben sich die Beweggründe für die Weiterwanderung der Leute nach Bessarabien.

Der Krasnaer Gemeindebericht von 1848 sagt über den Grund der Weiterwanderung: "...Die alles zerstörenden Kriegszüge der Franzosen nach Russland über Polen brachten die Kolonisten beinahe um alle ihre Habe. Da fühlten die Kolonisten, dass das zerrissene Polen ihnen keine Sicherheit und Schutz für die Zukunft geben konnte und folgten der damals von der russischen Regierung ergangenen Einladung, sich in Bessarabien anzusiedeln8."

Von diesen Familien zogen 1814 viele Mitglieder nach Bessarabien und waren Mitbegründer der Kolonie Krasna.

Die meisten der nach Krasna weitergewanderten Kolonisten aus dem Raum Zamosc dürften in Polen geboren sein; darüber fehlen Personendaten, solange und soweit wir keine Quellen in Polen finden.

Die 1784/1785 aus Deutschland ausgewanderten Familienväter waren bereits bei der Einreise in Galizien zwischen 20 und 50 Jahre alt. Als es nach Bessarabien weiterging, lebten einige nicht mehr oder sie sind nicht mehr weitergewandert. Sie waren 1814 schon in einem für damalige Verhältnisse recht hohen Alter (um 60 Jahre und älter).

In diesen Familien wurden zwischen dem Einwanderungszeitpunkt nach Galizien und der Weiterwanderung nach Bessarabien (ca. 30 Jahre) Kinder in der neuen (polnischen) Heimat geboren. Es ist wahrscheinlich, dass in vielen Familien insbesondere diese Kinder -oder nur diese Kinder- weitergewandert sind9.

Nach Russland zogen aus Zamosc 1814 laut Hopf10:

  1. 739 Schpeicher, Johann 1814 Zamosc/Lublin/Dutchy of Warsaw Russia 634 5434271 mit Ehefrau Gertrude Profession "Mieter"
  2. 740 Schpeicher, Nicolaus 1814 Zamosc/Lublin/Dutchy of Warsaw Russia 634 5434271 mit Familie
    Ehefrau: nicht genannt
    Kinder: Katharina, Peter, Elisabeth, Barbara
  3. 808 Speicher, Georg 1814 Zamosc/Lublin/Dutchy of Warsaw Russia 634 543427611 mit Familie
    Ehefrau: Elisabeth
    Kinder: Michael, Katharina, Gertrude, Anna-Maria, Johanna

Wie oben dargelegt, sind Johann und Nikolaus Speicher in Sitaniec gestorben, bevor die Weiterwanderung nach Krasna begann.

Die als Weiterwanderer genannten Johann und Nikolaus Speicher müssen also Kinder dieser beiden sein. Die Ehefrau von Johann Speicher sen. war z. B. Katharina, die des Weiterwanderers Gertrude.

Wir wissen nicht mit letzter Sicherheit, wer die beiden erstgenannten Weiterwanderer waren, weil in Sitaniec geborene Kinder nicht vollständig ausfindig gemacht werden können. Von 1789 bis 1810 liegen uns überhaupt keine Kirchbucheinträge vor. In dieser Zeit wären weitere Kinder denkbar und es könnte sich um Ziff. 1 und 2 handeln.

Ankunft in Krasna

Wir wissen nicht, ob alle drei von Hopf genannten Weiterwanderer nach Krasna wollten bzw. dorthin gelangt sind.

Familie 1

Die obige Nr. 1 scheint nach Krasna gekommen zu sein. Dafür sprechen dortige Taufbucheinträge:

739 Schpeicher, Johann 1814 Zamosc/Lublin/Dutchy of Warsaw Russia 634 5434271 mit Ehefrau Gertrude Profession "Mieter"

Das Taufbuch Krasna enthält die Geburt einer Tochter des Ehepaares:

Nr. 235 * 3.12.1819 Marianna Szpaycher (Speicher) Eltern: Johannes Szpaycher and Gertrud (Gertrude) Szpaycher (Speicher)

Johannes SPEICHER ?Okt. 1785 in Polen, POL † verstorben

Taufe: 18.10.1785 in Schitonitz, Warsaw, | Sitaniec, Zamosc, PL-06

? 1815 First settlers in Krasna #113

Ehegatte: Gertruda ? 1795 in Unknown, † verstorben

? um 1812 in Polen, POL

Kinder

Die Aussage in OFD, dass ein Michael Speicher der Vater von Johann sei, ist nicht gesichert.

Im Kirchenbuch von Sitaniec heißt es:

Szprygier Jan liber 1785 O: Michal, M: Magdalena zd. Fulleynr, kolonisci niemieccy; Sitaniec

Es könnte sich dabei um die Kolonistenfamilie Springer handeln, denn der Name Speicher wird in diesem Medium normalerweise übersetzt als Szpraycher, Szpeicher, Szpaycher, Szpajcher, Szpeycher.

In diesem Falle wäre ein anderer dort geborener Johann Speicher der Weiterwanderer.

Familie 2

Bei der Nr. 2 lässt sich eine Ankunft in Krasna nicht feststellen. Weder er selbst noch seine im Hopf-Dokument genannten Kinder tauchen im Taufbuch (z. B. als Paten) bzw. im Ortsfamilienbuch oder anderen Dokumenten des Dorfes auf.

Familie 3

Die Familie Nr. 3 ist komplett in Krasna angekommen.

808 Speicher, Georg 1814 Zamosc/Lublin/Dutchy of Warsaw Russia 634 543427612 mit Familie

Ehefrau: Elisabeth

Kinder: Michael, Katharina, Gertrude, Anna-Maria, Johanna

Allerdings dürfte Georg schon sehr bald danach verstorben sein, denn in Krasna-Dokumenten (Taufbuch 1814 - , Census 1835) taucht Georg nicht mehr auf.

Nur die Familie von Georg Speicher ist insgesamt und eindeutig in Krasna nachgewiesen (siehe oben bei Johann und Nikolaus). Sie kommt im Taufbuch der ersten Jahre und weiteren Dokumenten vor:

Nachkommen von Georg Speicher lebten bis zur Umsiedlung der Deutschen aus Bessarabien im Jahre 1940 in Krasna. Als letztes Mitglied der Sippe wurde Klara Speicher am 15.02.1940 in Krasna geboren.

Hinweis: Der Name Speicher kommt in Bessarabien nur in Krasna vor.

Eduard Volk
Neuwied, Juli 2024
Eduard's Vorfahre ist Klemens VOLK



1 Quelle: "Die Familie Speicher aus Püttlingen und ihre Verzweigung vor 1730" von Jacob Müller , Periodika der ASF, Bd. 3, Heft 46, Seite 398.

2 Ein Jahr zuvor waren nach Ostgalizien gegangen Michael Speicher, Ferdinand Speicher. Von ihnen kamen aber keine Familienmitglieder nach Krasna

3 Franz Wilhelm und Josef Kallbrunner: Quellen zur deutschen Siedlungsgeschichte in Südosteuropa, München, Reinhardt, 1936

4 Ausweis über die in den Königreichen Galizien mit Ende des 1786ten Jahrs vorfindige deutsche Privat-Ansiedler sowohl Bauern als Handwerksleute und über den Bestand ihrer Dotierung.
Abgeschlossen Lemberg, 14. Hornung 1788. - Hofkammerarchiv Faszikel 6925, Nr. 30 vom 30. März 1788.

5 Wie 3

6 Quellen zur deutschen Siedlungsgeschichte in Südosteuropa, Wilhelm, Franz; Kallbrunner, Josef

7 Wie 3

8 Gemeint ist der Aufruf der russ. Regierung v. J. 1813

9 Hinweis: Das Kirchenbuch von Sitaniec ist lückenhaft. Die Jahrgänge von 1789 -1809 fehlen vollständig, so dass wir erst wieder Einträge von 1810 - 1815 vorfinden

10 Records of the National Socialist German Labor Party (NSDAP) [National Archives Microcopy No. T-81]
American Historical Association American Committee for the Study of War Documents
Washington 1956. "9. Verzeichnis von Dr. Hopf (Krakau) über die Auswanderung aus Polen (Herzogtum Warschau) nach Rußland (Allgemein)." Page 54, # 739 National Archives II, College Park, Maryland, USA

11 Quelle: Records of the National Socialist German Labor Party (NSDAP). National Archives Microcopy # T-81; American Historical Association, American Committee for the Study of War Documents, Washington 1956. "9. Verzeichnis von Dr. Hopf (Krakau) über die Auswanderung aus Polen (Herzogtum Warschau) nach Rußland (Allgemein)"; page 59 #808; National Archives II, College Park, Maryland, USA.

12 Quelle: Records of the National Socialist German Labor Party (NSDAP). National Archives Microcopy # T-81; American Historical Association, American Committee for the Study of War Documents, Washington 1956. "9. Verzeichnis von Dr. Hopf (Krakau) über die Auswanderung aus Polen (Herzogtum Warschau) nach Rußland (Allgemein)"; page 59 #808; National Archives II, College Park, Maryland, USA.


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