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Individual Report

Zitat

aus einer der letzten Theateraufführungen vom Januar 1939 unter der Leitung vom Pader1 Schumacher:

Wir spinnen das Schicksal, wir spinnen die Zeit,
wir weben der Erde buntes Kleid.
Aus rotem Herzblut und blauem Sehnen,
bestickt mit tausend funkelnden Tränen.
Unser Faden geht auf, unser Faden geht ab:
Geburt, Hochzeit, Wiege und Grab.

Autor: Alois Leinz, Krasna

Bild entstand 1938

Von Links: Lehrer und Organist Michael Ziebart, Lehrer Alois Volk, Lehrer Alois Leinz, und Pader Professor Wilhelm Schumacher

Lebensdaten eines außergewöhnlichen Menschen


23. Februar 1882  Wilhelm Heinrich Schumacher wurde in Köln-Mülheim (DE-NW) geboren. Taufe vermutlich in der Kirche St. Mariä Himmelfahrt, Köln-Mülheim. 
Februar 1902  Erste Volksschullehrerprüfung.
07. Juli 1906  Zweite Volksschullehrerprüfung.
An verschiedenen Schulen tätig.
26.04.1912 bis 12.04.1919  Studium der Theologie an der Universiät Bonn. 
30.08.1914 bis 1918
an der Front 
1914-1915 Champagne (FRA).
1916 Ostfront, 2. und 3. Schlacht am Narajowka Zlota Lipa.
1917 Arras, Schlacht in Flandern, Tankgefecht (Panzer).
29.03.1917 Beförderung zum Leutnant.
1918 Siegfriedstellung, Westfront. 

Wilhelm Schumacher hatte eine extrem harte, rauhe Stimme und pflegte einen militärischen Kommandoton. Die Stimmlage war beeinflusst von einem Metallteil in oder an der Luftröhre. Ob dies aus einer Operation oder eine Kriegsverletzung herrührt ist nicht bekannt.

Es gibt einen Luftröhrenschnitt, bei dem eine Metall- oder eine Silberkanüle eingesetzt wird. Wenn die Metall- oder die Silberkanüle zugehalten wird, kann der Mensch mit einer sehr rauen Stimme sprechen.
Damit man die Kanüle nicht immer zuhalten muss, gibt es auch Ventilaufsätze. So etwas dürfte es auch in den 30er Jahren schon gegeben haben. Vielleicht hatte er ja eine entsprechende Verletzung aus dem Krieg.
Eine andere Erklärung wäre auch eine Verletzung eines Nervs im Brustkorb, der den Kehlkopf und die Stimmbänder versorgt. Dies kann natürlich auch durch einen Metallsplitter geschehen sein. Dann haben die Patienten auch eine heisere Stimme.

8. August 1920  Kardinal Schulte weiht Schumacher im Dom zu Köln (DE-NW) zum Priester. Am 15.08.1920 war Primiz von Wilhelm Schumacher in der Kirche Herz Jesu, Köln-Mülheim. 
11. August 1920  Präses des Alumnates Blumenau in Engelskirchen, Dekanat Wipperfürth 
7. April 1921  Erster Geistlicher Assistent am Internat des Erzbischöflichen Aloysianums in Opladen. 
Erster Geistlicher Assistent am Internat Aloysianum bedeutet, dass er die führende Stellung unter den Priestern hatte, die die Schüler auf ihrem Weg durch das Internat begleiteten. Der Assistent soll mit den Schülern den Stoff in den einzelnen Fächern wiederholen, er ist auch für die geistliche Begleitung, etwa die Beichte und geistliche Gespräche da.
Die Assistenten, heute auch "Repetenten" genannt, haben sich bei ihrer Tätigkeit oft einem eigenen Studium gewidmet.
10.11.1922 bis 13.11.1924  Studium der Philologie Gasthörer an der Universität Köln. 
16.08.1924  Lehramtsprüfung für Religion, Hebräisch und Französisch erfolgreich abgelegt. 
1925  Rektor der höheren Schule in Eitorf  
1930  beurlaubt vom Kölner Diözesanklerus 
1930-1931  Im Schuljahr 1930/1931 arbeitete Schumacher als ordentlicher Professor am katholischen Kollegium Maria Hilf, CH-6431 Schwyz (unterstand dem Bistum Chur, ab 1972 Kantonsschule Kollegium Schwyz.
Im Jahresbericht 1930/31 des Kollegium Maria Hilf steht:
Schumacher Wilhelm, von Köln-Mülheim, Rheinland, Professor der Naturgeschichte am Gymnasium und der französischen Sprache in der 1. Sekundarklasse (1). «Die bei jedem Professor angegebene Zahl bezeichnet die Jahre seiner Wirksamkeit am Kollegium»
In Österreich und der Schweiz werden Lehrer in manchen Fällen auch "Professor" genannt. In Deutschland gab es die Amtsbezeichnung Gymnasialprofessor. Der Inhaber des Titels muss nicht habilitiert gewesen sein. Für die kirchliche Lehrbefähigung reichte damals bereits der Grad des "Lizentiaten der Theologie", aber das ist ein akademischer Titel, den man nur selten auf den Visitenkarten sieht.
Sommerurlaub 1931  Er arbeitete elf Wochen lang in Radautz (ROU).
Dies war ein freiwilliger Dienst, den er dem Bischof von Jasi angeboten hat. Auslöser war für Schumacher ein Artikel über die Priesterarme Gegend in der Bukovina in der Wochenschrift "Schönere Zukunft" Verlag Joseph Eberle, Wien.

Danach kehrte er nach Schwyz zurück. 
23.11.1931  Der Kardinal von Köln schickte Schumacher bald darauf als deutschen Seelsorger auf eine Pfarrstelle nach Venedig (ITA)
Sommerurlaub 1932  Schumacher arbeitete elf Wochen im Bergdorf Fundul-Moldovei (Luisenthal), (ROU).
Danach kehrte er nach Venedig zurück.  
1933  Auf Bitten des Bischofs von Jassi und auf Bitten des Ehrenbischofs von Osnabrück ließ ihn Kardinal Schulte von Köln 1933 frei.  
15. August 1933 bis 11. März 1936  Schumacher arbeitet in den Dörfern Fundul-Moldovei (Luisenthal) und Pojorita (ROU).  
14. März 1936 bis November 1940  Schumacher arbeitete in Crasna (Krasna), (ROU).

In einem Schreiben (# 386 269 Par. Ro. Cath. 52/37)
TO: St. Bonifacius Mission (St. Bonifaziuswerk) Paderborn
Crasna (Krasna) 12. Februar 1937 Datei # 10856/36W

Ich konnte die Bitte Seiner Exzellenz, des Bischofs von Jasi, nicht leugnen und ging nach Crasna (Krasna), wo ich vor sechs Jahren hätte dienen wollen. (Siehe Brief von Berlin an Venedig.) Damals war die Situation in Crasna (Krasna) schwierig geworden. Jetzt, wo es fast unmöglich ist, wurde ich dorthin versetzt.

Offenbar war Schumacher 1931 schon einmal in der Auswahl für Krasna.

November 1940  Rückkehr von Krasna über Pirna (DE-SN) nach Deutschland. 
31. September 1941  Beurlaubt für die Erzdiözese Freiburg.  
4. Oktober 1941  Kaplan in Krautheim (DE-BW), Erzbistum Freiburg. 
ab 1943  Pfarrverwalter in Dittwar (DE-BW), Erzbistum Freiburg. 
ab 4. Mai 1950  Subsidiar in Bornheim-Waldorf (DE-NW)
ab 20. Juni 1951  Subsidiar in Paffendorf-Erft (DE-NW).
Er wohnte in Paffendorf mit seiner Schwester in der alten Vikarie.
24. August 1953  Gestorben in Rottach-Egern (DE-BY).
So im Sterbebuch von St. Pankratius, Paffendorf eingetragen.
Beerdigt in Paffendorf-Erft (DE-NW), wo er zuletzt gearbeitet hat.

Stand: März 2020

Otto Riehl

Pader Prof. Wilhelm Schumacher

Pader Prof. Wilhelm Schumacher war vom 14. März 1936 bis November 1940 als Priester an der katholischen Kirche St. Joseph in Krasna, Akkerman, Bessarabia tätig.

Durch die Abkapselung von den umliegenden evangelischen und orthodoxen Dörfern, konnten in Krasna neue Erkenntnisse der damaligen Zeit nur schwer eingeführt werden. Mit dem mitgebrachten Wissen aus der Zeit vor 1814 wurde weiter gemacht. Alles was neu dazu kommen wollte, musste erst abgetastet werden, ob dadurch der bestehenden Ordnung nicht geschadet wird. Auf den Erhalt der mitgebrachten Ordnung wurde in Krasna großen Wert gelegt und man hat dafür ungezählte Auseinandersetzungen ausgetragen. Mit dem Ergebnis, dass die evangelischen Siedler 1824 ihren Platz in Krasna aufgegeben haben und nach Katzbach umgezogen sind.

Die polnisch sprechende Gruppe hat "um dem Frieden willen" ihre Sprache aufgegeben und die deutsche Sprache angenommen, denn sie waren bei der Gründung von Krasna in der Minderheit. Im Krasnaer Dialekt sind Wörter aus den verschiedensten Gegenden von Europa zu finden, nur polnische Wörter sind, aus nicht erklärbarem Grund, keine dabei.

Durch das Festhalten an den alten Sitten wurde erreicht, dass Krasna ein rein katholisches Dorf wurde. Die Polen wurden nach wenigen Jahren als Deutsche angesehen.

Nach der Einsetzung von Prof. Wilhelm Schumacher als Dorfpfarrer im Jahr 1936, bekam das Umdenken in die neuere Zeit einen raschen Aufschwung. Angefangen wurde mit der Jugendarbeit, mit der Erweiterung vom Kirchenchor, mit der Übernahme von neuen Kirchenliedern, dem Aufbau einer Musikkapelle und einer Theatergruppe. Weitere Vereine wurden gegründet, die Abwechslung in den Alltag der heranwachsenden Jugend brachten. Die hat die neuen Möglichkeiten mit Begeisterung aufgenommen. Die langweiligen Winterabende wurden zunehmend genutzt, um durch Gesang und Theaterspiel die Dorfgemeinschaft zu festigen. Nach kurzer Zeit wurde der Bedarf an einem Gemeinschaftshaus angesprochen. Die einzelnen Gruppen sollten nicht immer beim Schuldirektor betteln müssen, wenn sie sich zum Einüben von Theaterstücken, zum Üben der Blaskapelle oder zum Einüben von neuen Liedern treffen wollten. Die Verwaltung war nicht begeistert von dem Aufleben der Gruppen, die unter der Aufsicht eines reichsdeutschen Pfarrers standen. Der Pfarrer wurde zeitweise als Spion für das Deutsche Reich angesehen und man hatte ihm mehrfach mit Abschiebung gedroht.

Mit dem Bau von "Unser Heim" wollte man eine Möglichkeit schaffen Veranstaltungen nach eigenem Belieben durchzuführen. Die neuen Unternehmungen, die von Pfarrer Schumacher eingeführt wurden, waren nicht zum Nulltarif zu bekommen. So blieb es nicht aus, dass sich Gegner fanden, die von der Obrigkeit kräftig unterstützt wurden. Die Gegner haben die Arbeit von Pfarrer Schumacher erschwert oder zu verhindern versucht.

Die Versuche, die Jugendarbeit und den Bau vom Heim zu verhindern, sind an der Hartnäckigkeit von Pfarrer Schumacher gescheitert. Beides konnte teilweise nur eingeschränkt und mit Verzögerung vorangetrieben werden. Der Pfarrer stellte vom Kirchengarten ein Stück als Bauplatz zur Verfügung. Somit hatte die Zivilbehörde keine Möglichkeit das Errichten von dem Heim zu verhindern. Schumacher machte starken Druck auf die Gegner in Krasna. Um sie umzustimmen, begann er den Platz für das Bauen vom Heim frei zu machen .

Die Burschen, die bereit waren mitzuhelfen, damit das Heim recht bald gebaut werden konnte, hat er zum Abräumen der im Garten stehenden Bäume eingesetzt. Ermuntert durch die Begeisterung der Jugend wurde mit dem Bauen angefangen, bevor das Geld zusammen war.

Das vorhandene Geld reichte nicht einmal für den Ankauf vom nötigsten Baumaterial. Deshalb mussten die Bauarbeiten in Selbsthilfe durchgeführt werden.

Bei der Einweihung vom Heim war ein überschaubarer Betrag an offenen Rechnungen geblieben. Mit den Einnahmen bei der Einweihung, dem Aufführen von Theaterstücken, den Folklore-Abenden, einer Lotterie, dem Husaren-Ritt und mit Sammlungen fürs Heim konnten letztlich die verbliebenen Rechnungen nach und nach beglichen werden.

Krasna hatte ein schönes Heim für die Jugend, das durch Schikanen von Oben wenig genutzt werden konnte. Um das Heim wurde Krasna um so mehr von den umliegenden Dörfer beneidet. Mit vielen neuen Ideen wollte Pfarrer Schumacher, Krasna in die Neuzeit führen. Pfarrer Schumacher hatte noch weitere Vorhaben: Elektrizität, Wasserleitung aus Tarutino, Anleitung zum Einmachen von Fleisch und Gemüse usw.. Bei all seinen Vorhaben musste er jeweils gegen die Behörden und gegen den Widerstand von vielen aus Krasna kämpfen. Im Lauf der Jahre gerieten viele seiner Vorhaben in Vergessenheit. Über die Vorhaben wurde später nicht gerne gesprochen oder sie wurden als unwahr dargestellt.

Krasna war auf bestem Wege aus seinem Dornröschen-Schlaf zu erwachen, gegen den Willen von Wenigen.



Koblenz-Güls, 22. 02. 2010

Maximilian Riehl, *24.12.1927 in Krasna



1 Pader: Geistlicher im Krasnaer Dialekt, abgeleitet von Pater. Auch elsässische Mundart.

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