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Individual Report



Gottlieb Leinz

* 25.4.1856, +03. 07. 1925 in Krasna.

Von seinen Vorfahren sind bisher nur Vater Karl und Großvater Franz eindeutig nachgewiesen.
Die Herkunft der Familie Leinz (nach Taufbuch Krasna auch denkbar: Lein, Leintz, Lenz, Lentz, Leyno, Lusc, Leinc, Leinez) war bisher nicht zu ermitteln.
Franz Leinz soll mit seiner Familie von der Nachbarkolonie Borodino im Jahre 1834 nach Krasna gekommen sein. Dies ist nicht gesichert.

Gottlieb Leinz (18 Jahre alt) heiratete Anna-Maria Hein (19 Jahre alt) am 27. Jan. 1875 in Krasna.
Sie hatten acht Kinder, fünf Söhne, drei Töchter.
Als Witwer heiratete Gottlieb (37) die Witwe Anna Habrich (37) am 01. Sept 1893. Sie hatten noch einen Sohn.

Die wichtigsten Aktivitäten von Gottlieb Leinz

  1. Gottlieb Leinz betrieb eine Landwirtschaft in Krasna in einer Zeit des Umbruchs.
    Während früher der Bauer ein vererbbares Nießbrauchrecht an dem von ihm gehaltenen Land hatte, war er nach Rechtslage um 1871 selbst Eigentümer seiner Parzellen.
    Jeder Ansiedler erhielt nach 1871 eine Besitzurkunde in der die früheren Familienanteile von 60 Dessjatinen in erbliche Hofanteile nach der Zahl der in der Familie vorhandenen männlichen Familienmitglieder zerlegt waren.
    Gottliebs Vater Karl besaß laut der Besitzurkunde von 1871 87 Dessjatinen Land. Da Brüder von Gottlieb als Kinder starben, wird er alles, zumindest aber den größten Teil geerbt haben.
    Gottlieb Leinz gehörte damit zu den größeren Landbesitzern in Krasna. Weil er selbst mehrere Söhne hatte, war er bemüht, seinen Landbesitz zu vergrößern, um jedem Sohn einen ordentlichen Erbteil zu verschaffen. Und das musste weitestgehend außerhalb der Gemarkung von Krasna geschehen.
    Alois Leinz berichtet hierzu: Als das Land in Krasna schon knapp geworden war, kauften mein Großvater Gottlieb Leinz und andere Bauern aus Krasna Land 'auf der Stepp', auch Schag genannt. Da diese Landfläche etwa 12 km von Krasna entfernt war, baute sich jeder der Bauern dort ein Wirtschaftsgebäude, das meist aus zwei oder drei Räumen, einem Stall und Schuppen bestand. Die Bauern benutzten ihre Wirtschaftsgebäude nur für die Zeit, in der sie ihr Land bearbeiteten. Sonst standen diese Gebäude leer. Weil sich dort mehrere Krasnaer breitmachten, nannte man diese Hofstellen auf der Steppe 'Neu Krasna'. Amtlich dürfte es zu Neu Paris gehört haben.

    Leinz, Alois, Mein Vater erzählte, in Heimatbuch, 25 Jahre nach der Umsiedlung, 1965, S. 305

  2. Gottlieb Leinz errichtete und betrieb zusammen mit Hironimus Ternes eine Dampfmühle in Krasna im Jahre 1895.
    Mühlen spielten für die Versorgung der Kolonisten schon von Anfang an eine wichtige Rolle. Mühlen waren denn auch die ersten größeren Wirtschaftsunternehmen, die die Kolonisten gründeten.
    Dampfmühlen wurden zunächst mit Stroh beheizt, später mit Dieselaggregaten betrieben (s. Artikel von Leinz, Alois, Die Mühle in Krasna in: 25 Jahre nach der Umsiedlung, s. 313). Er berichtet auch über viele weitere interessante Details dieser Mühle.
    Über die Krasnaer Mühle lesen wir in einer Zuschrift an die Dakota Rundschau: 'In der Mühle wurde ein Motor eingestellt. Sie wird jetzt nicht mit Stroh gefeuert, wie früher. Die Wirte der Mühle sind: Rochus Ternes, Korbinian Leinz, Franz Dirk, Isidor Leinz, Alexisus Riehl, Josef Steimann, Josef Ternes, Georg Schreiber und die Kinder des Karl Leinz.' Das waren die Nachkommen der obigen Mühlengründer.
  3. Gottlieb Leinz war viele Jahre lang Oberschulze (Bürgermeister) von Krasna.
    Ab 1871 hatte Krasna ein eigenes Gebietsamt (bis 1918), dem ein Oberschulze vorstand.
    Eduard Ruscheinsky hat die Oberschulzen dieses Zeitabschnittes ermittelt: Gottlieb Leinz hatte das Amt in drei Wahl-Perioden inne; 1881-1883, 1887-1889, 1905-1910. Ihm wurde von Zar Nikolaus II. eine goldene Ehrenmedaille (St. Stanislaus) verliehen, als dieser 1908 durch Bessarabien reiste. (Heimatbuch; 25 Jahne nach der Umsiedlung; 1965; Autor: Alois Leinz, S 45).
    Darüber berichtete auch Der Staats-Anzeiger Bismarck, North Dakota 26 Januar 1911 Film 11463, Vol. 5, No. 27, Page 3, Krasna, Bessarabien, Rußland Dezember 16, 1910: Mit dem 15. Dezember endigte unser Herr Oberschulze Gottlieb H. Leintz seine Amtsthätigkeit. Er war in seinem Dienste von jedermann hoch geachtet und angesehen, nicht seines Reichthums, sondern seiner Umsicht wegen. Fünf Jahre hat er als Oberschulze amtirt und erhielt auch von unserem gnädigen Kaiser Nikolaus dem Zweiten eine goldene Medaille vom Jahre 1908 mit dem Bande des hl. Stanislaus.
    Nun hat Herr Leintz die Aufsicht über unsere Waisenverwaltung.

  4. Gottlieb Leinz engagierte sich in der Waisenverwaltung.
    Der Anordnung des Fürsorgekomitees nachkommend gründete das damalige Gebietsamt Malojaroslawetz II 1869 eine Waisenkasse für die zu seinem Gebiet gehörenden Kolonien; zunächst gehörte dazu auch Krasna. Nach der Einrichtung eines eigenen Bezirks/Gebiets ab 1871 in Krasna blieb Krasna weiterhin Mitglied in der Waisenkasse von Malojaroslawetz II.
    Die Waisenkasse war keine eigenständige Körperschaft, sondern eine Einrichtung des Gebietsamtes. Ihre Verwaltung bestand aus drei gewählten, vom Gebietsamt vereidigten und vom Fürsorgekomitee (später vom Landvogt) bestätigten Personen: einem Direktor und zwei Mitgliedern. In jeder Gemeinde des Gebietsamtes wurde ein sogenannter Waisenvater gewählt, der die Belange der Waisen und der Waisenkasse in seiner Gemeinde vertrat. Dieses Amt bekleidete Gottlieb Leinz eine Zeitlang für Krasna. Alle Waisenväter der Mitgliedsgemeinden wirkten an der Verwaltung der Waisenkasse mit.
    Hauptamtliche Angestellte hatte die Waisenkasse nicht, die anfallenden schriftlichen Arbeiten erledigte der Gebietsschreiber.

    Die Waisenkasse hatte drei wichtige Funktionen:

    • Verwaltung der Waisenvermögen, deren Sicherheit durch die Gemeinden verbürgt wurde.
    • Ausleihung von Waisengeldern an kreditwürdige Bürger gegen Sicherheit.
    • Annahme und Verwaltung von Einlagen auch von Privatleuten und von Gemeinden.

Zu den Themen Landwirtschaft in Krasna, Dampfmühle, Oberschulze (Bürgermeister), Waisenverwaltung kann in dem Buch Krasna · Ein deutsches Dorf in Bessarabien weiteres nachgelesen werden.

Eduard Volk
Neuwied, April 2024


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